Influence of processing parameters, crystallography and chemistry of defects on the microstructure and texture evolution in grain-oriented electrical steels

Yilmaz, Ceren; Zaefferer, Stefan (Thesis advisor); Raabe, Dierk (Thesis advisor); Schneider, Jochen M. (Thesis advisor)

Aachen : RWTH Aachen University (2022)
Doktorarbeit

Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2022

Kurzfassung

Kornorientierte Elektrostähle (GOES), die auf der Zusammensetzung Fe-3.1 Gew.-% Si basieren, sind weichmagnetische Werkstoffe, die als Kernmaterial in elektrischen Transformatoren verwendet werden. Um die erforderlichen magnetischen Eigenschaften zur Minimierung der magnetischen Verluste zu erreichen, sollte die Mikrostruktur von GOES aus sehr großen Körnern (bis zu einigen Zentimetern) bestehen, die eine scharfe Goss-Orientierung ({011}<100>) aufweisen. Die Herstellung von GOES erfolgt in einer komplexen industriellen Prozesskette, bei der während des Haubenglühens ein anormales Wachstum der Goss-orientierten Körner stattfindet. Trotz fast eines Jahrhunderts Forschung ist der zugrundeliegende Mechanismus, der zum anormalen Wachstum der Goss-Körner führt, nicht gut verstanden. Dies schränkt die Möglichkeiten zur Einstellung der Prozessparameter ein, die das endgültige Mikrogefüge und die Textureigenschaften und damit auch die endgültigen magnetischen Eigenschaften von GOES bestimmen. Zu verstehen, wie sich die Goss-Textur bildet und wie die Prozessparameter die endgültige Mikrostruktur und Textur beeinflussen, ist sowohl für die Wissenschaft als auch für die Industrie von großem Interesse.In der vorliegenden Arbeit wird unter den Prozessparametern der Einfluss der Alterungsbehandlung während des Kaltwalzens, der endgültigen magnetischen Eigenschaften von GOES verbessert, mittels großflächiger Rückstreu-Elektronenbeugung (EBSD) untersucht. Zunächst wurden identische warmgewalzte Bleche auf zwei verschiedenen Wegen kaltgewalzt, nämlich mit und ohne Alterung. Anschließend wurde eine primäre Rekristallisationsglühung in einem Dilatometer-Ofen durchgeführt, um die Entwicklung von Mikrostruktur und Textur zu verfolgen. Es wurde ein neuer Ansatz zur Definition eines Benchmarks demonstriert, der die statistische Relevanz der EBSD-basierten Texturmessungen aufzeigt. Er basiert auf der Abweichung von der perfekten Symmetrie. Mit dieser Methode wurde bestätigt, dass die großflächigen EBSD-Messungen genügend statistische Daten für eine repräsentative Texturuntersuchung für die stark kaltgewalzten und rekristallisierten GOES-Bleche liefern. Um die wahren rauschkorrigierten lokalen Misorientierungen aus den EBSD-Ergebnissen der nicht vollständig rekristallisierten Proben zu bestimmen, wurde außerdem eine neue Methode entwickelt, bei der die rauschkorrigierten durchschnittlichen Misorientierungen eines Kernels (KAM, aus dem Englischen) auf der Grundlage einer polynomialen Beziehung zweiter Ordnung zwischen den KAM-Werten und der Kernelgröße berechnet wurden. Die so erzielten Ergebnisse zeigten, dass die Alterung während des Kaltwalzens das Verformungsverhalten und folglich die Erholungs- und Rekristallisationskinetik insbesondere in den α-Faserbereichen ({hkl}<110>) erheblich beeinflusst. Die α-Faserbereiche in Material, das mit Alterung kaltgewalzt wurde, weisen eine deutlich höhere Scherverformungsrate auf, die durch die Dekoration von Versetzungen mit gelösten Kohlenstoffatomen hervorgerufen wird, die durch die Alterung gefördert wird. Das Versetzungs-Pinning führt zu einer behinderten Erholung während des Glühens, was schließlich zu einer höheren verbleibenden Antriebskraft für die Rekristallisation und mehr Keimbildungsstellen in den ansonsten nur langsam rekristallisierenden α-Faserkörnern führt. Infolgedessen wird eine kleinere rekristallisierte Korngröße in dem Material beobachtet, das mit Alterung kaltgewalzt wurde. Die Auswirkung der Alterung auf die verbesserten magnetischen Eigenschaften des vollständig verarbeiteten GOES-Blechs wurde auf die kleinere primäre rekristallisierte Korngröße zurückgeführt, die wiederum aufgrund einer größeren Gesamtfläche der Korngrenzen eine größere Triebkraft für das Goss-Kornwachstum während des nachfolgenden sekundären Rekristallisationsschritts darstellt.Der letzte Teil der Arbeit befasst sich mit der Bildung der Goss-Textur in kornorientierten Elektrostählen durch abnormales Kornwachstum. Fe-3.1 Gew.-% Si kornorientierte Elektrostähle wurden in der Industrieanlage der Thyssenkrupp Electrical Steel GmbH nach der Standardproduktion hergestellt. Korrelative Elektronen-Channelling unter kontrollierten Beugungsbedingungen (cECCI)- Atomsondentomographie (APT)-Experimente wurden zur Analyse der Struktur und der Elementzusammensetzung von Versetzungen durchgeführt. Die Anreicherung von gelösten Elementen an den Korngrenzen wurde mit Hilfe der APT für die aus verschiedenen Stufen der GOES-Produktionskette entnommenen Proben analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die anormal gewachsenen Goss-orientierten Körner Korngrenzen mit sehr geringen Misorientierungswinkeln enthalten, die aus. periodisch angeordneten, Mischversetzungen mit Burgersvektoren vom Typ <111> bestehen. Diese Subkornversetzungen sind lokal mit gelösten Elementen wie Sn, Cu, C und, was noch wichtiger ist, mit Al, N und Mn angereichert, die die Hauptbestandteile der Inhibitorausscheidungen darstellen, die das anormale Wachstum der Goss-orientierten Körner unterstützen.Die experimentellen Beobachtungen bezüglich der Segregation von Al auf Subkornversetzungen wurden durch molekularstatiscche Simulationen (MS) unterstützt. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wird eine neue Hypothese namens "Versetzungsunterstützte Partikelauflösung" vorgeschlagen, um das anormale Kornwachstum von Goss-orientierten Körnern zu erklären. Nach dieser Theorie entstehen Subkornversetzungen beim Kaltwalzen, überleben die primäre Rekristallisation und unterstützen schließlich das anormale Wachstum von Goss-Körnern, indem sie die Auflösung von Inhibitoren unterstützen und die gelösten Elemente von den Korngrenzen abführen und absorbieren, was zu beweglicheren Korngrenzen von Goss-orientierten Körnern im Vergleich zu den Korngrenzen der Matrixkörnern führt.

Einrichtungen

  • Fachgruppe für Materialwissenschaft und Werkstofftechnik [520000]
  • Lehrstuhl für Werkstoffphysik und Institut für Metallkunde und Materialphysik [523110]

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