Nachhaltige Rückgewinnung von Rohstoffen aus buntmetallhaltigen Aufbereitungsrückständen : Ein Bewertungs- und Klassifizierungsansatz konform mit der Vorratsrahmenklassifikation für Rohstoffe der Vereinten Nationen (UNFC) zur Identifizierung von Potenzialen und Barrieren zur Projektentwicklung

  • Sustainable raw materials recovery from base metal tailings : an assessment and classification approach compliant with the United Nations Framework Classification for Resources (UNFC) to identify potentials and barriers of project development

Suppes, Rudolf; Lottermoser, Bernd G. (Thesis advisor); Greiff, Kathrin (Thesis advisor)

Aachen : RWTH Aachen University (2022)
Doktorarbeit

Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2022

Kurzfassung

Mineralische Rohstoffe werden im Allgemeinen bewertet und klassifiziert, um potenziellen Investoren die Rentabilität ihrer Gewinnung aufzuzeigen. Für die Bewertung und Klassifizierung von anthropogenen Rohstoffen wie buntmetallhaltige Aufbereitungsrückstande (BAR) existiert derzeit kein systematischer und transparenter Ansatz, der alle Dimensionen der Nachhaltigkeit umfasst. Daher ist ihr Verwertungspotenzial weitgehend unbekannt und kann nicht mit dem anderer Rohstoffquellen verglichen werden. Bei der konventionellen Rohstoffklassifizierung nach den Prinzipien des Komitees für internationale Berichtsstandards über mineralische Ressourcen (CRIRSCO) aus dem Primärbergbau stehen technisch-ökonomische Aspekte im Vordergrund. Um die Nachhaltigkeit eines Rohstoffrückgewinnungsprojekts bewerten zu können, müssen auch ökologische und soziale Aspekte berücksichtigt werden. Das ist mit der Anwendung der Klassifizierungsprinzipien der Vorratsrahmenklassifikation der Vereinten Nationen für Rohstoffe (UNFC) möglich. Nach Kenntnis des Verfassers dieser Dissertation ist dies die erste systematische Anwendung der UNFC unter Berücksichtigung aller Dimensionen der Nachhaltigkeit auf BAR. Die Hauptforschungsfrage lautet: Welche Aspekte sollten bei der Bewertung und Klassifizierung von buntmetallhaltigen Aufbereitungsrückständen berücksichtigt werden, um eine nachhaltige Rohstoffrückgewinnung zu ermöglichen? Zur Beantwortung helfen 3 veröffentlichte wissenschaftliche Peer-review-Artikel, die weiter unten zusammengefasst werden. Das Hauptziel ist die Entwicklung eines systematischen, transparenten und UNFC- konformen Bewertungs- und Klassifizierungsansatzes für BAR aus industriellen Prozessen mittels (1) einer schnellen Schreibtischrecherche zur Identifizierung potenziell rentabler Rohstoffrückgewinnungsprojekte, und (2) für eine anschließende Bewertung der Projektnachhaltigkeit aus Vorort- Explorationsdaten. Der Entwicklungsstatus eines Projekts in Bezug auf geologische, technisch- ökonomische, ökologische, soziale und rechtliche Aspekte wird differenziert. Etablierte Methoden aus der konventionellen Klassifizierung nach dem CRIRSCO werden mit Methoden zur Bewertung ökologischer und sozialer Potenziale und Barrieren kombiniert. Es wird aufgezeigt, warum mineralische Aufbereitungsrückstände generell als anthropogene Rohstoffe bewertet und klassifiziert werden sollten, welche Nachteile die alleinige Anwendung der CRIRSCO-Prinzipien auf BAR im Gegensatz zu den UNFC-Prinzipen hat, und welchen Entwicklungsbedarf das aktuelle UNFC- Konzept für die Anwendung auf anthropogene Rohstoffe hat. Abschließend werden Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Bewertungs- und Klassifizierungsansatzes, sowie für die UNFC als Grundlage eines integrierten und nachhaltigen Rohstoffmanagementsystems gegeben. Erster Artikel: Das derzeitige UNFC-Konzept wird auf seine Anwendbarkeit auf BAR mittels einer Rahmenstudie aus der Sicht eines privaten Bergbauunternehmens mit ökonomischem Schwerpunkt am Fallbeispiel Cabeço do Pião (Portugal) getestet. Ein Sanierungs-, und zwei Verwertungsszenarien werden untersucht. Die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen für Mensch und Umwelt wird mittels einer Risikobewertung aufgezeigt. Die ökonomische Rentabilität des Projekts wird mittels einer Discounted-Cashflow-Analyse gezeigt. Der Vorteil der Anwendung der UNFC-Prinzipien gegenüber der Anwendung der CRIRSCO-Prinzipien wird beispielhaft gezeigt: Sanierung wird als notwendiger Basisfall identifiziert und sozial und ökologisch positives Handeln wird priorisiert. Für die Potenzialentwicklung des UNFC-Konzepts werden die folgenden Aspekte identifiziert: Die Verwertungsszenarien können mit den derzeitigen UNFC-Klassen nicht differenziert werden; eine stärkeren Benutzerführung im Bewertungs- und Klassifizierungsprozess ist erforderlich; und eine detailliertere Unterkategorisierung ist erforderlich, um Projektpotenziale und -barrieren zu identifizieren, insbesondere hinsichtlich sozialer und ökologischer Aspekte. Zweiter Artikel: Ein systematischer Untersuchungsansatz für eine erste systematisch und UNFC-konforme Schreibtischrecherche zur strukturierten Zusammenstellung von Informationen wird vorgestellt. Die Prüfung spezifischer Kriterien hilft bei der Entscheidungsfindung zur Durchführung kostenintensiver Vorort-Explorationsmaßnahmen. Die Anwendung erfolgt auf das Fallbeispiel Bollrich (Deutschland). Es befindet sich in einer komplexen Umgebung, die durch dichte Besiedelung und Nähe zu sensitiven Ökosystemen gekennzeichnet ist. Das Fallbeispiel zeigt, dass eine schnelle Bewertung mit öffentlich zugänglichen Informationen möglich ist. Der entwickelte Ansatz kann in Zukunft dazu beitragen, Projektpotenziale und -barrieren zur Rohstoffrückgewinnung aus BAR umfassend zu inventarisieren. Da die Bewertung nach den CRIRSCO-Prinzipien relevante Aspekte vernachlässigt, wird geschlussfolgert, dass mineralische Aufbereitungsrückstände grundsätzlich als anthropogene Rohstoffe betrachtet werden sollten. Dritter Artikel: Ein praktischer UNFC-konformer Ansatz zur Bewertung der Projektnachhaltigkeit mittels Vorort-Explorationsdaten wird vorgestellt und am Fallbeispiel Bollrich angewandt. Der Entwicklungsstand des Gesamtprojekts und der Verwertung einzelner Rohstoffe wird differenziert. Zum einfachen Vergleich mit anderen Studien werden die Ergebnisse in einer Kategorisierungsmatrix ähnlich einer Heatmap zusammengefasst. Es wird gezeigt, wie der Nutzer des Ansatzes bei der Entscheidungsfindung zur Fortführung kostenintensiver Vorort- Explorationsmaßnahmen unterstützt werden kann. Es wird geschlussfolgert, dass mit einem UNFC- konformen Bewertungs- und Klassifizierungsansatz Aspekte identifiziert und transparent kommuniziert werden können, die lokal zur Förderung von Nachhaltigkeit beitragen. Der in dieser Dissertation präsentierte Ansatz unterstützt die Integration der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN SDGs) in die Klassifizierung von Rohstoffen. Es werden die folgenden Schlussfolgerungen gezogen: (1) Ökonomische, ökologische, soziale und rechtliche Aspekte sollten differenziert werden, um sie gleichwertig zu stellen, und um deren Entwicklungsstands und den Einfluss auf das Klassifikationsergebnis schnell zu erkennen; (2) derzeit unwirtschaftlich gewinnbare Lagerstätten mit einem zukünftigen Potenzial sollten berücksichtig werden, sowie alle in der Lagerstätte enthaltenen Rohstoffe inklusive potenziell enthaltender Schadstoffe und ihre Auswirkungen; (3) lokale Interessensgruppen sollten von Beginn der Projektentwicklung an berücksichtigt werden, um mögliche soziale Spannungen zu antizipieren; (4) ortsspezifische Vorteile und Risiken der Rohstoffrückgewinnung sollten von Beginn der Projektentwicklung an berücksichtigt und transparent kommuniziert werden; und (5) neben den Potenzialen sollten immer auch Barrieren zur Projektentwicklung aufgezeigt werden, damit Marktakteure die Nachhaltigkeit von Investments besser abschätzen können.

Einrichtungen

  • Fachgruppe für Rohstoffe und Entsorgungstechnik [510000]
  • Lehrstuhl für Nachhaltige Rohstoffgewinnung und Institut für Rohstoffingenieurwesen [511110]

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