Abgasreinigung mit einem radial durchströmten regenerativen Schüttschichtwärmeübertrager - Kombination von thermischer Nachverbrennung und integrierter Staubabscheidung

Reichenberger, Hans-Peter; Quicker, Peter (Thesis advisor); Faulstich, Martin (Thesis advisor)

Düren : Shaker Verlag (2022)
Buch, Doktorarbeit

In: Schriftenreihe zur Aufbereitung und Veredlung 84
Seite(n)/Artikel-Nr.: XVIII, 273 Seiten : Illustrationen, Diagramme

Dissertation, RWTH Aachen University, 2022

Kurzfassung

Um Abgase zu reinigen, die mit Staubpartikeln und flüchtigen organischen Verbindungen belastet sind, werden überwiegend Filter zur Entstaubung sowie thermische Oxidationsverfahren zur Umwandlung der flüchtigen Schadstoffe in gasförmige Produkte, wie Wasser und Kohlenstoffdioxid, eingesetzt. Bislang ist am Markt kein System verfügbar, das eine Kombination der beiden etablierten Verfahrensschritte in einem Aggregat ermöglicht. Ein kompakteres aber ebenso effektives, quasieinstufiges Reinigungssystem kann den Aufwand für die mehrstufige Abgasreinigung reduzieren, indem ein Teil der Investitions- und Betriebskosten eingespart und der erforderliche Platzbedarf verringert wird. Gerade für kleine mittelständische Unternehmen kann eine solche Lösung wirtschaftlich vorteilhaft sein. Die vorliegende Arbeit befasst sich deshalb mit der Entwicklung und Erprobung eines alternativen Abgasreinigungsverfahrens, das die beiden Verfahrensschritte in einem Aggregat zusammenfasst. Als Grundlage dazu dient das Funktionsprinzip des regenerativen Schüttschichtwärmeübertragers mit radialer Durchströmung: Dieser wurde bereits als thermische Nachverbrennungsanlage für staubarme Abgase eingesetzt und zudem in modifizierter Bauweise als Schüttschichtfilter zur Partikelabscheidung genutzt. Für das neue Verfahren wurden geeignete Schüttgutmaterialien untersucht und dabei diejenigen Parameter experimentell bestimmt, welche die Funktionalität des Gesamtsystems erheblich beeinflussen: Dies betrifft die Stoffwerte der Materialien als auch die in eigens konzipierten Versuchsanlagen ermittelten Kenngrößen, wie die charakteristischen Korngrößeneigenschaften sowie den Lückenanteil, den mechanischen Druck, den Druckverlust und das Staubrückhaltevermögen des Schüttungsbetts. Zur Auslegung des neuen Verfahrensprinzips wurde in einem Berechnungsprogramm für die numerische Strömungssimulation ein instationär quasizweidimensionales Berechnungsmodell erstellt. Bisher wurde ein instationär eindimensionales Modell verwendet, bei dem die zeitlichen Veränderungen der Temperaturen im Schüttungsbett über die radiale Ortskoordinate ermittelt wurden. Mit dem erweiterten Rechenverfahren kann das Schüttungsbett - definiert als ein parallel durchströmtes Leitungssystem - axial in horizontalen Schichten dargestellt werden, wodurch sich die thermo- und fluiddynamischen Prozesse der instationären Bettdurchströmung höhenabhängig beschreiben lassen. Das neue Modell ist nur annähernd in den Ortskoordinaten zweidimensional, da der Energie- und Stoffaustausch zwischen den einzelnen horizontalen Schichten nicht berücksichtigt wird. Bei genügend dünnen Schichten weichen die mittleren Druckverhältnisse der Schichten so geringfügig voneinander ab, dass kaum ein Queraustausch von Massenströmen auftritt. Gegenüber komplexeren Simulationsmethoden bietet diese Vereinfachung den Vorteil, dass mit relativ geringem Berechnungsaufwand eine näherungsweise Systemauslegung für die praktische Anwendung nutzbar ist. Um die Eignung des neuen Verfahrens erstmalig testen zu können, wurde eine Technikumsanlage für Abgasvolumenströme bis zu 2.000 m³i.N./h entwickelt, aufgebaut und erprobt. Ihre Besonderheit liegt in der Anordnung des radialen Schüttungsbetts: Es ist vertikal in zwei Regeneratorhälften geteilt, sodass die Heiz- und die Kühlphasen für die regenerative Wärmerückgewinnung in einer Anlage kompakt realisiert werden können und gleichzeitig durch die speziell ausgebildete Bodengeometrie das einfache Abziehen des mit abgeschiedenem Staub beladenen Schüttguts ermöglicht wird. Die Versuchskampagnen dienten dazu, die grundsätzliche Leistungsfähigkeit des Systems zu prüfen, gegebenenfalls Optimierungen an der Anlage vorzunehmen und die gemessenen Werte mit den Daten des neu erstellten Berechnungsmodells abzugleichen. Zur Simulation realer Abgase wurde Umgebungsluft angesaugt und in diese wurden Modellstaub bzw. als flüchtige Schadstoffe Ethanol und Propanol oder als gasförmiger Schadstoff Methan dosiert. Dabei wurden relativ hohe Konzentrationen erzeugt, um innerhalb des zeitlich eingeschränkten Technikumsbetriebs eine aussagekräftige Reinigungstendenz der Anlage ableiten zu können. Während der ersten Versuchsreihen traten örtliche Fehlströmungen auf und bei den An- und Abfahrvorgängen verursachten thermische Spannungen eine Instabilität der Anlagenkonstruktion an den Stellen, wo zugleich hohe Temperaturen und hohe mechanische Drücke vorhanden waren. Die Anlage wurde daher baulich partiell verbessert. Die gemessenen Daten konnten mit dem neuen Berechnungsmodell gut simuliert werden. Bei den Versuchen mit flüchtigen Schadstoffen zeigte sich allerdings, dass die im Modell unberücksichtigten thermochemischen Einflüsse zu einer leichten bis teilweise starken Differenz zwischen den gemessenen und den berechneten Temperaturen führten. Als Wärmerückgewinnungsgrade wurden Werte zwischen 88 % bis 95 % erreicht. Sie sollten künftig durch eine optimierte Betriebsweise weiter verbessert werden. Obwohl in den Vorversuchen bis zu 99,6 % des Modellstaubs abgeschieden wurde, sanken bei der Technikumsanlage die Staubabscheideraten des unregenerierten Schüttungsbetts von anfangs 98 % auf Werte zwischen 94,7 und 89,5 %. Dies lag vor allem an den Staubablagerungen, die beim Umschalten der Strömungsrichtung an den Ventilen mitgerissen oder aufgrund ungünstiger Strömungsverhältnisse wieder aus dem Schüttungsbett getragen wurden. Die flüchtigen Schadstoffe konnten jeweils zu etwa 90 % thermisch umgesetzt werden, wobei zu Beginn der Versuchskampagnen die Abscheideeffizienz beispielsweise für Methan bei 99,5 % und die für Ethanol bei 98 % lag. Ursächlich für die auftretenden Abweichungen war ein Schadstoffschlupf durch Kurzschlussströmungen.Anhand der bisherigen Erkenntnisse ist das neue Verfahren grundsätzlich für die Abgasreinigung geeignet. Jedoch sind für die Funktionalität der Anlagentechnik noch Optimierungen und weitergehende Untersuchungen vorzunehmen, damit effektivere Abscheideraten und eine höhere konstruktive Beständigkeit erreicht werden können. Anschließend ist das optimierte System im industriellen Probebetrieb unter realen Bedingungen und über einen längeren Zeitraum zu testen.

Einrichtungen

  • Fachgruppe für Rohstoffe und Entsorgungstechnik [510000]
  • Lehr- und Forschungsgebiet Technologie der Energierohstoffe [512220]

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