Full-field simulations of dynamic and meta-dynamic recrystallization
Shah, Vitesh; Roters, Franz (Thesis advisor); Korte-Kerzel, Sandra (Thesis advisor); Bos, Cornelis (Thesis advisor); Diehl, Martin (Thesis advisor)
Aachen : RWTH Aachen University (2022, 2023)
Doktorarbeit
Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2022
Kurzfassung
Um die Nachhaltigkeitsziele und eine Reduzierung von Kohlendioxidemissionen zu erreichen, braucht es die Entwicklung von neuen Legierungen. Diese neuen nachhaltigen Legierungen sollen, bei einem höheren Schrottanteil, vergleichbare Materialeigenschaften wie konventionelle Legierungen haben und/oder durch alternative Prozesse hergestellt werden. Die Entwicklung von neuen Legierungen bedingt die Entwicklung von neuen Prozessketten, die für die neuen Legierungen optimiert sind. Solch eine Entwicklung braucht viele Labor- und Anlagen-Versuche. Diese machen den Entwicklungsprozess zeitaufwändig und, durch hohen Materialeinsatz und Verlust potentieller Gewinne, teuer. Simulationen, die die Physik und Metallurgie von Prozessen während eine Prozesskette beschreiben können, haben das Potential die Legierungsentwicklung zu beschleunigen. Die Information aus Simulationen kann genutzt werden, um die notwendigen Versuche effektiver zu planen und ihre Anzahl zu reduzieren. Solche Simulationen zum Testen verschiedener Parameter werden gerne auch als "virtuelles Labor" bezeichnet. Sie tragen zu einem vertieften Prozessverständnis bei. Dies ist von hohem Interesse für die Industrie, da einereduzierte Anzahl von Versuchen nicht nur die Kosten reduziert, sondern auch die Legierungsentwicklung beschleunigt. Einer der am schwierigsten zu verstehenden und zu kontrollierenden Prozesse ist das Warmwalzen, zumal es besonders aufwändig ist experimentelle Daten zu erhalten. Auf Grund der hohen Temperaturen, hohen Umformgrade und hohen Dehnraten, ist das Warmwalzen auch nur schwer im Labor darstellbar. Deshalb sind Simulationen, die die Mikrostrukturentwicklung während des Warmwalzens erfassen können, besonders interessant. Dynamische Rekristallisation (DRX) und meta-dynamische Rekristallisation (MDRX) sind wichtige metallurgische Prozesse, die die Mikrostrukturentwicklung während des Warmwalzens beeinflussen. Sie sind wegen der gleichzeitigen plastischen Umformung und Mikrostrukturentwicklung jedoch besonders schwer zu untersuchen.In dieser Doktorarbeit wurde ein Simulationsmodell, das DRX und MDRX simulieren kann, entwickelt. Dies wurde durch die Kopplung eines ‘full-field’ Versetzungsdichte-basierten Kristallplastizitätsmodells (Crystal Plasticity Fast Fourier Transform (CPFFT)) und eines Zellulare Automaten Modells erreicht. Um die Daten vom verzerrten Netz nach der Simulation eines Umformschrittes auf das reguläre Netz des Zellularen Automaten zu übertragen ist ein ‘regridding’ Schritt erforderlich. Die vom Zellularen Automaten modifizierte Mikrostruktur dient dann als Grundlage für die Simulation des nächsten Umformschrittes. Auf diese Weise kann gleichzeitige plastische Umformung und Mikrostrukturentwicklung modelliert werden. Es wurde weiterhin ein physikalisches Kriterium für die Keimbildung der Rekristallisation, das auf einem Versetzungsdichteunterschied und den Orientierungsänderungen bei der Umformung basiert, entwickelt. Ein Kopplungskriterium basierend auf der Bewegung einer zufälligen Korngrenze, stellt sicher, dass der Wechsel zum Zellularen Automaten nur erfolgt, wenn signifikantes Kornwachstum vorliegt. Dies hilft, die Anzahl der Kopplungsschritte, die rechenintensiv aber wichtig für die DRX Simulation sind, zu reduzieren. Die Kopplung der CPFFT Methode mit einem Zelllularen Automaten durch diesen Kopplungsalgorithmus ermöglicht hochaufgelöste DRX/MDRX Simulationen von virtuelle Mikrostrukturen mit einer großen Anzahl von Orientierungen/Körnern, die große Umformungen erfahren. Das entwickelte Simulationsmodell wurde für die Untersuchung von MDRX während ein axialer Druckversuche benutzt. Die charakteristischen Veränderungen des mechanischen Verhaltens durch MDRX wurden reproduziert, z.B. die Reduzierung der Festigkeit bei weiterer Umformung und die höhere Verfestigungsrate von teilrekristallisierten Mikrostrukturen. Außerdem zeigt die Analyse von vollrekristallisierten Mikrostrukturen, dass die simulierte rekristalllisierte Korngröße im Bereich der experimentellen Korngröße liegt. Das bedeutet, dass die Keimzahl durch das Keimbildungskriterium richtig vorhergesagt wird. Das Modell beschreibt auch die Orientierungen der Keime und damit die Textur der rekristallisierten Mikrostruktur richtig. Eine Analyse der Kinetik der MDRX zeigt nicht-konstante Avrami Exponenten mit niedrigen Werten. Dies liegt in erster Linie am Aufeinandertreffen der rekristallisierten Körner. Insgesamt zeigt sich, dass das Modell die Physik in Bezug auf DRX und MDRX richtig erfassen kann. Die Häufigkeit der Kopplung kontrolliert stark die Ergebnisse der DRX Simulationen. Es wird aber auch gezeigt, dass die höchste Kopplungshäufigkeit nicht zur besten Beschreibung der DRX führt. Das macht das Simulationsmodell attraktiv, weil gute Simulationen der DRX auch mit niedriger Kopplungshäufigkeit möglich sind. Dies eröffnet den Weg zu weniger rechenintensiven DRX Simulationen. Das Simulationsmodell ermöglicht die detaillierte Untersuchung der Mikrostrukturentwicklung während der DRX. Sobald die DRX begonnen hat, ist der wahrscheinlichste Ort für die weitere Keimbildung die Grenze zwischen einem rekristallisierten Korn und einen ursprünglichem Korn. Das führt zum Phänomen des ‘Necklacing’. Die Simulationen zeigen auch, dass der Grund für die Keimbildung an der Grenze zwischen einem rekristallisierten Korn und einen ursprünglichem Korn die schrittweise Kornrotation durch Umformung der rekristallisierten Körner ist. Das Wachstum der DRX Körner stoppt nicht nur wegen der akkumulierten Umformung, sondern auch wegen des Aufeinandertreffens mit neuen Keimen. Weil das Modell die Simulation großer Umformungen ermöglicht, wird es auf mehrgerüstiges Warmwalzen angewendet. Es wurde der Einfluss der Verteilung der Umformung auf die Gerüste und der Legierungschemie auf die Mikrostrukturhomogenität untersucht. In allen Fällen, führen DRX und MDRX zu Kornfeinung. DRX verstärkt MDRX während der Zwischenglühungen. Eine gleichmäßige Verteilung der Umformung über die Gerüste führt zu einer homogenen Mikrostruktur mit feiner Korngröße, weil auch in den letzten Gerüsten DRX auftritt. Inhomogene Mikrostrukturen mit großen Körnern treten für den Fall hoher Legierungsgehalte auf, da die Wachstumsrate der Körner niedriger ist. Zusammenfassend wird in dieser Doktorarbeit ein Simulationsmodell für DRX und MDRX während des Warmwalzens präsentiert. Diese Simulationen können auf mehrgerüstiges Warmwalzen von realistischen virtuellen Mikrostrukturen angewendet werden. Damit ermöglicht das Modell detaillierte Daten und Kenntnisse über diese Prozesse zu gewinnen. Das Simulationsmodell kann als Teil eines "virtuellen Labors" eingesetzt werden. In dieser Arbeit wird es genutzt, um den Einfluss von Legierungsgehalt und Prozessparametern auf die Mikrostrukturentwicklung beim Warmwalzen zu untersuchen.
Einrichtungen
- Fachgruppe für Materialwissenschaft und Werkstofftechnik [520000]
- Lehrstuhl für Werkstoffphysik und Institut für Metallkunde und Materialphysik [523110]
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2023-01399
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2023-01399