Beitrag zur Verwertung von carbonfaserverstärkten Kunststoffen in Hochtemperaturprozessen
Stockschläder, Jan; Quicker, Peter (Thesis advisor); Flamme, Sabine (Thesis advisor)
Aachen : RWTH Aachen University (2023)
Doktorarbeit
Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2023
Kurzfassung
Im Verbund mit Kunststoff werden Carbonfasern für verschiedene Hochleistungsanwendungen, insbesondere im Flugzeugbau, in der Mobilität oder in Windkraftanlagen, eingesetzt. Zwar sind diese carbonfaserverstärkten Kunststoffe (CFK) im Vergleich zu glasfaserverstärkten Kunststoffen massentechnisch eine Nischenanwendung, aber in den letzten Jahren konnten kontinuierliche Wachstumsraten von rund 11 Ma.-% registriert werden. Mit Anstieg des Einsatzes steigt ebenfalls die Menge von carbonfaserhaltigen Abfällen (CFA). Aktuell dominieren hierinsbesondere die Produktionsabfälle, allerdings entstehen zeitversetzt auch Abfälle nach der Nutzung. Im optimalen Fall werden diese nach getrennter Erfassung einer der wenigen Recyclinganlagen zugeführt. Allerdings entstehen beim Recycling nicht rezyklierfähige Fasern. Für diese CFA sind aktuell keine Verwertungswege bekannt. Zudem kann es bereits aktuell durch fehlende getrennte Erfassung zu Einträgen in etablierte Behandlungswege wie die Siedlungsabfallverbrennungsanlagen kommen. An dieser Problematik setzt diese Arbeit an, indem experimentell sowohl labortechnische als auch großtechnische Versuche zur Verwertung von carbonfaserverstärkten Kunststoffen in Hochtemperaturprozessen durchgeführt werden. Die Untersuchungen sollen dabei Möglichkeiten zum Einsatz in Hochtemperaturprozessen eruieren. Zunächst werden unterschiedliche Fasertypen (High Tensile Strength, High Modulus und Ultra High Modulus) labortechnisch hinsichtlich ihres thermischen Verhaltens untersucht. Als Reaktionsmechanismus wurde insbesondere im ersten Teil des Verbrennungsvorgangs eine zweidimensionale Phasengrenzflächenreaktion ermittelt. Mit Erhöhung der Temperatur verringert sich dabei die Verbrennungsdauer. Zudem wird der Abbau optisch in verschiedenen Stufen der Verbrennung untersucht. Neben der typischen Reduktion des Faserdurchmessers wurden verschiedene Formen des Abbaus wie Lochfraß oder Porenbildung festgestellt. Die verschiedenen Fasertypen unterschieden sich dabei. In weiteren labortechnischen Untersuchungen wird eine Vielzahl an CFA stofflich und brennstofftechnisch charakterisiert und thermogravimetrisch untersucht. Alle CFA weisen dabei wie erwartet einen hohen Kohlenstoffgehalt auf. Das Verhältnis Kohlenstoff zu Sauer- bzw. Wasserstoff zeigt deutliche Unterschiede im Vergleich zu anderen aktuell eingesetzten Abfällen bzw. Sekundärbrennstoffen. Zudem enthalten einige CFA weitere Elemente wie Stickstoff oder Schwefel in erheblichem Maße, so dass dies für eine Verwertung in Hochtemperaturprozessen zu berücksichtigen ist. Mit den Ergebnissen wird eine Verbrennungsrechnung durchgeführt, so dass weitere Unterschiede zu Sekundärbrennstoffen aufgezeigt werden können. Die thermogravimetrischen Untersuchungen zeigen wesentliche Unterschiede im Verbrennungsablauf, so dass ein geeigneter Hochtemperaturprozess ein breites Spektrum an CFA abdecken muss. In den großtechnischen Versuchen wird der Einsatz in verschiedenen Hochtemperaturprozessen im industriellen Maßstab erprobt. Neben den drei Ansätzen zur energetischen Verwertung in einer Siedlungsabfall-, Sonderabfallverbrennungsanlage sowie Zementofenanlage wird die rohstoffliche Verwertung im Niederschachtofen zur Calciumcarbidherstellung untersucht. Ziele der Untersuchungen sind erstens die Prüfung der Anlage zur Eignung der Verwertung, zweitens die Identifizierung der Anforderungen an die Abgasreinigung und drittens Aussagen zur Entstehung von Fasern mit WHO-Kriterium (Durchmesser D < 3 μm, Länge L > 5 µm, L:D ≥ 3:1) (WHO-CF).Die klassischen thermischen Abfallbehandlungsprozesse mit Rost bzw. Drehrohr mit anschließender Brennkammereignen sich nicht aufgrund der unzureichenden Prozessbedingungen (insbesondere Temperatur sowie Verweilzeit bzw. Vermischung der Luft und des Festbrennstoffs). Der Austrag erfolgt dabei größenteils über die Schlacke, die mit einem solchen Gehalt an CF nicht weiter mechanisch aufbereitet werden kann. Die verwendete Abgasreinigung hält die über den Abgasweg ausgetragenen Fasern sicher zurück. In geringem Maße entstehen WHO-CF, allerdings muss hier die mögliche Exposition berücksichtigt werden. In der Zementofenanlage zeigt sich, dass die CFA lediglich im Ofenbrenner eingesetzt werden können. Dazu ist eine Zerkleinerung auf 2D Partikel mit maximaler Kantenlänge von 30 x 30 mm notwendig. Es zeigt sich eine geringe Konzentration an CF im Klinker, die nochmals in einem weiterführenden Langzeitversuch untersucht werden sollte. Die Versuchszeit und die spezifische Einsatzmenge von CFA ist zu gering. Im vierten Prozess werden zuvor CFK-Produktionsabfälle gemeinsam mit Mischkunststoffen pelletiert und ersetzen Kohlenstoffträger bei der Calciumcarbidherstellung. Die Wiederfindungsraten von CF sind hierbei gering, so dass eine Verwertung tendenziell möglich erscheint. Allerdings kommt es zum Austrag von CF, in geringem Umfang auch WHO-CF, insbesondere über das Abgas. Dort werden diese abgeschieden. Aufgrund der externen Verwertung des Abgasreinigungsrückstands sollten bei einem potenziellen Einsatz die Auswirkungen auf solche Verwertungspfade untersucht werden. Zusammenfassend zeigt sich, dass eine systematische Untersuchung von verschiedenen Typen an CF hinsichtlich ihres thermischen Verhaltens sinnvoll ist. Aufbauend auf den Erkenntnissen der drei verschiedenen Fasern kann in einer breiten Studie der Einfluss der verschiedenen Parameter (wie mechanische Eigenschaften oder Durchmesser) untersucht werden. Zusätzlich sollte ein Konzept zur quantitativen Erfassung von WHO-CF etabliert und angewandt werden. Die großtechnischen Versuche zeigen, dass die thermische Abfallbehandlung in Siedlungs- und Sonderabfallvebrennungsanlage nicht geeignet ist. Der potenzielle Einsatz in den zwei Prozessen Zementofenanlage oder Niederschaftofen zur Calciumcarbidherstellung setzt voraus, dass die CFA für den Einsatz aufbereitet werden. Dazu müssen entsprechende Aufbereitungsketten vorbereitet und evaluiert werden. Zur Gesamtprozessbewertung sollten weitere Grundlagen insbesondere für die vorgelagerten, notwendigen Prozesse für eine Verwertung geschaffen und bewertet werden.
Einrichtungen
- Forschungskolleg VERBUND.NRW [080053]
- Fachgruppe für Rohstoffe und Entsorgungstechnik [510000]
- Lehr- und Forschungsgebiet Technologie der Energierohstoffe [512220]
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2023-02321
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2023-02321