Structure and properties of thermally poled lithium alumosilicate glasses and glass-ceramics

  • Struktur und Eigenschaften von polarisierten Lithiumalumosilikatgläsern und Glaskeramiken

Sander, Malte; Roos, Christian Hans-Georg (Thesis advisor); Deubener, Joachim (Thesis advisor)

Aachen : RWTH Aachen University (2023)
Doktorarbeit

Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2023

Kurzfassung

Die Oberfläche von Lithium-Alumosilikatgläsern wurde mit Hilfe von elektrischen Feldern hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung und Struktur verändert. In einer nachgelagerten Wärmebehandlung wurden die behandelten Gläser kristallisiert, um die Gläser in eine Glaskeramik mit einem niedrigen Ausdehnungskoeffizienten zu überführen. Bei dem im englischen Sprachraum bezeichneten "thermal poling"-Verfahren wird eine elektrische Spannung (50 bis 1000 V) bei Temperaturen zwischen 200 und 500 °C an das Glas angelegt. Aufgrund der elektrischen Spannung wandern Lithiumkationen in Richtung der Kathode und hinterlassen unterhalb der Anode eine verarmte Zone (engl.: depletion layer). Innerhalb dieser verarmten Zone baut sich ein sehr starkes elektrisches Feld auf, welches einen Elektronentransport zur Anode ermöglicht und schließlich das äußere Feld kompensiert. Die Bildung einer bis zu 18.7 μm dicken, an Lithiumkationen verarmten Zone konnte mittels ToF-SIMS gezeigt werden. Neben der chemischen Veränderung reagieren benachbarte nicht brückenbildende Sauerstoffatome im Laufe der Behandlung miteinander und polymerisieren das Glasnetzwerk. Mit Hilfe von Raman-Spektroskopie wurde eine Vergrößerung der mittelreichweitigen Ordnung festgestellt. Die Ergebnisse einer Paarverteilungsfunktion deuten auf die Bildung von dreifach-gebundenen Sauerstoffatomen im Netzwerk hin. Die behandelten Gläser wurden im Anschluss an die "thermal poling"-Behandlung teilkristallisiert. Durch die Messung von thermisch stimulierten Depolarisationsströmen (TSDC) konnte eine thermisch aktivierte Relaxation von Kationen beobachtet werden, welche allerdings durch die Kristallisation der Hochquarzmischkristallphase unterbrochen wurde. Unterhalb der Oberfläche, die der Anode zugewendet war, konnte mittels Dünnschicht XRD eine Schichtstruktur (kristalline Oberfläche und glasige Zwischenschicht) nachgewiesen werden. Die Oberfläche besitzt im Vergleich zum Volumen eine geringere Kristallinität, da während der Relaxation lediglich 25 % der Lithiumkationen zurückwandern können. Die Lithiumrelaxation wird dadurch behindert, dass Natrium- und Kaliumkationen die Zwischengitterplätze der Ladungsausgleichspositionen an den nichtbrückenbildenden Sauerstoffanionen und Aluminiumdefizittetraedern besetzen. REM-Aufnahmen und Raman-Untersuchungen haben gezeigt, dass die Oberfläche der Glaskeramiken, weit über die Dicke der verarmten Zone im behandelten Glas hinaus, verändert wurde. Die strukturellen Veränderungen und der Schichtaufbau erzeugen, aufgrund von unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten, Druckspannungen (−600 MPa) unterhalb der Oberfläche in der Kristallphase. Abschließend wurde in einer Parameterstudie gezeigt, dass die Dicke der verarmten Zone—in erster Näherung—eine Zustandsfunktion von der elektrischen Spannung und Temperatur ist. Daher muss die chemische Zusammensetzung und die Struktur der verarmten Zone gleich sein.

Einrichtungen

  • Fachgruppe für Materialwissenschaft und Werkstofftechnik [520000]
  • Lehrstuhl für Glas und Glaskeramik [524210]

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