Ice loading and its effects on sedimentary basins and the carbon cycle
Amberg, Sebastian Christoph; Littke, Ralf (Thesis advisor); Back, Stefan (Thesis advisor)
Aachen : RWTH Aachen University (2022, 2023)
Doktorarbeit
Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2022
Kurzfassung
Die Vergletscherungen während des Pleistozäns haben das System Erde in den letzten zweieinhalb Millionen Jahren signifikant beeinflusst, z.B. in Hinblick auf die Topographie, das Klima und den geologischen Untergrund. In dieser Arbeit wird der Einfluss der pleistozänen Vergletscherung auf Teile des Untergrundes in Mittel und Nordeuropa untersucht. Zwei Untersuchungsobjekte, die Niederlande und die nördliche norwegische Barentssee, wurden als Hauptuntersuchungsgebiete ausgewählt. Die Ausprägung der pleistozänen Eiszeiten unterscheidet sich stark in den beiden untersuchten Regionen hinsichtlich der lateralen Ausdehnung, der Eismächtigkeit und Dauer der Eisbedeckung. Numerische Beckenmodellierung wird in dieser Studie als Hauptmethode eingesetzt, um das Verständnis glazialer Einflüsse auf verschiedene Untergrundparameter, wie z. B. Temperaturverteilung, Gesteinseigenschaften und Fluidbewegungen, zu verbessern. In Kapitel 2 wird eine integrierte Studie zur numerischen 3D-Beckenmodellierung und seismischen Interpretation in den nordöstlichen Niederlanden vorgestellt, mit der die Versenkungs- und Temperaturgeschichte von vier verschiedenen geologischen Strukturelementen (Groningen-Plattform, Lauwerszee-Trog, Friesland-Plattform und Niedersächsisches Becken) rekonstruiert wurde. Zur Kalibration der Versenkungs- und Temperaturgeschichte wurden Temperatur- und Vitrinitreflexionsdaten aus 28 Bohrlöchern verwendet. Seismische Interpretation diente der Identifizierung von Erosionsereignissen im Studiengebiet. Die Kombination beider Methoden ermöglichte die Rekonstruktion der unterschiedlichen Versenkungs- und Reifegeschichten der Strukturelemente. Darüber hinaus wurde die Kohlenwasserstoffbildung in den wichtigsten Muttergesteinen karbonischer, jurassischer und kreidezeitlicher Sedimentschichten simuliert. Die Modellierungsergebnisse zeigen, dass die paläozoische Sedimentabfolge die höchsten gegenwärtigen Temperaturen und thermische Reifegrade im Lauwerszee-Trog und im niedersächsischen Becken erreicht. Zwei starke Versenkungsphasen mit anschließender Hebung fanden in den erdgeschichtlichen Zeiträumen Karbon bis Perm und Trias bis Jura statt. Beide Zeiträume bestimmen die thermische Reife und Genese von Kohlenwasserstoffen aus paläozoischen Ausgangsgesteinen. Die höchsten modellierten Reifegrade mesozoischer Sedimente wurde für die Senken zwischen Salzdiapiren im Niedersächsischen Becken berechnet. Tonsteine der kreidezeitliche Wealden-Formation generierten Kohlenwasserstoffe von der späten Kreidezeit an. Dieses numerische 3D-Modell wurde in Kapitel 3 mit dem Ziel erweitert und verfeinert, den Einfluss der durch die glazialen Eisschilde verursachten niedrigen Oberflächentemperatur und erhöhten mechanischen Belastung auf den Untergrund während des Pleistozäns zu untersuchen. Die Eisschilde bedeckten Teile des Untersuchungsgebiets während zweier Kaltzeiten, der Elster- und der Saalekaltzeit. Insgesamt hatten die Kaltzeiten des Pleistozäns erhebliche Auswirkungen auf die Temperatur- und Druckverteilung im Untergrund. Die Modellergebnisse zeigen, dass Temperaturen im Untergrund während der Kaltzeiten abgesenkt sind, was heutzutage unter anderem zu einem niedrigen geothermischen Gradienten im flachen Untergrund führt. In den Gesteinsformationen steigt der Druck mit jedem Gletschervorstoß an, wodurch in der Gegenwart in tief versenkten, nicht permeablen Formationen Überdruck zu erwarten ist. Im Niedersächsischen Becken wird ein Verlust von Kohlenwasserstoffen aus der Wealden-Formation an die Oberfläche während der Kaltzeiten berechnet, was auf einen Einfluss der glazialen Eisvorstöße auf das mesozoische Erdölsystem hinweist. In Kapitel 4 wurden die glazialen Vorstöße während des Pleistozäns in einem 2D-Beckenmodell im Olga-Becken in der nördlichen norwegischen Barentssee implementiert. Entsprechend wurden glaziale Vorstöße und Erosionen, und niedrige Temperaturen während der pleistozänen Vergletscherung im Modell berücksichtigt. Neben dem Einfluss auf die Temperatur- und Druckverhältnisse befasste sich diese Studie mit dem Einfluss von Störungssystemen auf die Migration von mikrobiell oder thermogen gebildeten Kohlenwasserstoffen an die Oberfläche. Die Störungen wurden in zwei Szenarien untersucht: als Barrieren für Fluidbewegungen oder als offene Verbindungen für die Migration von Fluiden während des Eisrückgangs. Zusätzlich wurde die glaziale Beeinflussung von Gashydrat-Stabilitätszonen im Gebiet untersucht. Die Ergebnisse weisen auf gesenkte Temperaturen im Sedimentgestein durch glaziale Erosion und niedrige Oberflächentemperaturen hin. Zudem wurde ein zyklischer Druckanstieg aufgrund der vertikalen Last durch Eisschilde berechnet. Im zweiten Störungsszenario fungierten Verwerfungen als effektive Wegsamkeiten für Fluidbewegungen von Kohlenwasserstoffen aus tief versenkten Muttergesteinen. Die Analyse beider Szenarien zeigte zudem, dass am südwestlichen Rand des Olga-Beckens der Austritt von Kohlenwasserstoffen zum Meeresboden hauptsächlich von der Durchlässigkeit der Gesteinsschichten abhängt, die am Meeresboden anstehen. Um mögliche Tiefenintervalle für die Erzeugung von mikrobiellem Methan während des Pleistozäns zu bewerten, wurden dem Modell Quellen für mikrobielles Gas hinzugefügt. Die Modellrechnungen deuten darauf hin, dass sich die Methanhydratstabilitätszone während der Kaltzeiten unter dem Eisschild aufgrund des hohen Drucks und der niedrigen Temperaturen an der Basis des Eisschilds stark ausdehnte. Ein zusätzlicher Eintrag thermogener Kohlenwasserstoffe (Ethan und Propan) erhöht die Stabilität des Gashydrats.
Einrichtungen
- Fachgruppe für Geowissenschaften und Geographie [530000]
- Lehrstuhl für Geologie, Geochemie und Lagerstätten des Erdöls und der Kohle [532410]
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2023-05370
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2023-05370